„Mass Effect“ ist der am 21.11. 2007 erschienene erste Teil einer Trilogie episch angelegter Science-Fiction RPG’s. „Mass Effect“ stellt die Archäologie in den Dienst eines militärisch-industriellen Komplexes.
Für die Menschheit, die im All expandiert und sich im Kreise der Außerirdischen „G8 Staaten“ behaupten will, ist die Archäologie Werkzeug zur Entschlüsselung außerirdischer Technologien. Planeten werden ihrer Artefakte und Rohstoffe gleichermaßen beraubt. Eine Vision, welche eine Archäologie zeigt die ihrer ethischen Grundsätze beraubt zu sein scheint. Das Bergen und entschlüsseln von Hard und Software ist heute schon gängige Praxis. Nur, dass diese nicht außerirdischen Ursprungs sind. Die Artefakte, welche es zu Bergen gilt, sind Überreste einer technisch hoch entwickelten Zivilisation, der Protheaner. Sämtliche Hochtechnologie stammt von ihnen. Es herrscht ein Wettstreit bei dem alles recht zu sein scheint was die Hinterlassenschaften für die eigene Gruppierung sichert.
Das Spiel beginnt damit, dass der Spieler die Aufgabe bekommt, eine Ausgrabungsstätte auf dem Mars zu sichern, und den Archäologen zu Hilfe zu kommen. „Mass Effect“ erinnert uns daran, das, die meisten Artefakte welche wir momentan Hinterlassen technisch-digitaler Natur sind und zukünftige Archäologen die Aufgabe der Entschlüsselung und Wiederherstellung dieser Daten zukommen könnte.[1]
Die Menschheit hat jenseits aller Science Fiction bereits begonnen Spuren außerhalb der Erde zu hinterlassen. Auch die zahlreichen Sonden welche auf fremde Planeten Geschickt wurden sind evtl. noch auffindbar. Gleiches gilt für die Materialien welche auf dem Mond und auf dem Mars zurückgelassen wurden. Auch unsere Gegenwärtigen technischen Artefakte und digitaler Datenbestände gilt es zu sichern und zu bewahren. Die Archäologie bildet in „Mass Effect“ einen narrativen Rahmen, allerdings ist es eine Archäologie die mehr an das späte 19. und frühe 20. Jahrhundert erinnert. Die Parallelen zum Kolonialismus und großen Entdeckern drängt sich auf. Auch die Nähe zu Wirtschaft und Militär erinnert an diese Zeit. Die Navigation innerhalb einzelner Sonnensysteme ermöglicht es einzelne Planeten zu erforschen. Spielmechanisch wird hier nicht unterschieden zwischen Artefakten oder Rohstoffen. Beides ist Teil einer gewollten Plünderung dieser Ressourcen. Ein erfolgreicher Bergungsvorgang liefert dem Spieler weitere Informationen über Objekte und Planeten.
Die Nutzung der Technologien und Bauwerke der Protheaner erinnert z.B. an die Geschichte Südamerikas, das Auffinden der bereits seit Jahrhunderten verlassenen Ruinenstädte ( z.B. Teotihuacan ) durch die Azteken. Die Kultur und das Wissen um die Errichtung der Bauwerke war verloren gegangen. Die Azteken nutzten zwar die Städte, jedoch ohne ihr Geheimnis zu kennen, so wurden diese zu mythischen Orten.
Ähnliches hat sich in der Geschichte der Menschheit schon häufiger ereignet. Die Bauwerke und Relikte untergegangener Kulturen und Zivilisationen waren den späteren Bewohnern Zeugnisse eines Wissens welches verloren ging.[2] Archäologische oder historische Denkmodelle werden in dieser Spieleserie wenn dann nur sehr marginal verwendet. Ich möchte unterstreichen, dass es sich hier nicht um eine Simulation handelt, vielmehr stellen die archäologisch-historischen Versatzstücke nur eine Kulisse dar und können die Spielatmosphäre begünstigen indem der Spieler mehr über die Welt erfährt, und dieses Wissen auf wissenschaftlicher Grundlage beruht. Eine archäologische Spielweise ist jedoch nicht möglich, da der Spieler keine Transfer-Leistung im Sinne einer Interpretation der geborgenen Objekte unternehmen muss. Die Archäologie als Teil einer militärisch geprägten Gesellschaft, welche auf Expansion und industrielle Ausbeutung der Ressourcen und Artefakte setzt, und der Kolonisation des Weltraums zuarbeitet, zeichnet ein eher düsteres Bild der Zukunft.
Beenden möchte ich diesen kurzen Abschnitt mit einem Zitat:
„But it could be that one day we encounter a civilization created by an algorithm that lives and breathes as we do, and that the exoarchaeology we’ve considered for Mars and beyond will actually be borne in our machines“ (Reinhard 2015a)
Das Bild von Archäologie welches im „Mass Effect“ vermittelt wird könnte also gar nicht soweit entfernt sein von einer möglichen zukünftigen Realität. Wir werden es nicht mehr mitbekommen.
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[1] Auch hier handelt es sich gewissermaßen um Archäologen welche sich auch als „Hacker“ betätigen. Dazu mehr im letzten Abschnitt dieser Arbeit.
[2] Man denke nur an die Errungenschaften der Antike welche für Jahrhunderte verloren schienen.