Der Computer ist ein programmierbarer Apparat von funktionaler Variabilität. Der Spieler begegnet dem Gerät nicht nur in Form ihrer physischen Präsenz als Maschine sondern kommuniziert mit der Software, einer „Implementierung einer logischen Maschine welche auf der materiellen Maschine aufsitzt und diese in ihren variablen internen Zuständen modifiziert.“[1] Das Spielen, der Austausch, findet jedoch irgendwo zwischen den Instanzen Spieler, Spiel(Software) und Apparat statt. Das Spiel vermittelt zwischen den beiden Instanzen Spieler und Maschine. Die Software, der Logik der Programmierung folgend, stellt dem Spieler ein Repertoire an Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung welche für die Maschine interpretierbar sind. Die Maschine muss also innerhalb der Logik ihrer Schaltkreise auf die Handlungen des Spielers reagieren können und offen sein für alle Möglichkeiten. Das unvorhersehbare Element ist der Spieler. Durch die Offenheit seiner Handlungen wird das Spielgeschehen, die Programmlogik quasi subjektiviert.[2] Wenn man als Einzelspieler ein Strategiespiel mit dem Computer spielt ist die Frage mit wem man spielt schwer zu beantworten, um Gedanken S. Wiemers aufzugreifen.[3] Spielen wir mit der Repräsentation der Programmierer welche uns die Struktur bereitstellen, oder handelt es sich gar um Botschaften dieser welche in maschinensprachlicher Kodierung vorliegen und von dem Spieler entziffert werden sollen?
Ist es der Apparat selbst welcher durch die Software ein Eigenleben entwickelt und die Rolle der Gegenspieler einnehmen kann?Zusätzlich zur Überwachung der Regeln des Spiels und der Generierung der Spielwelt, quasi des Spielbretts, verfügt der Computer über die Möglichkeit Instanzen zu generieren welche den eigenen Gesetzmäßigkeiten folgend auf die Handlungen des Spielers reagieren. Die Gesetzmäßigkeiten einer offenen Programmierung haben es ermöglicht mit der Maschine zu spielen. Computerspiele im Allgemeinen und Strategiespiele (Man denke nur an frühe Spiele aus den 1950er Jahren) im Besonderen haben den Computer zu dem führenden Unterhaltungsmedium werden lassen und die Rechenmaschinen dadurch kulturalisiert. Wiemer spricht in diesem Zusammenhang von einer Öffnung hin zum Vergnügen:
‘Spielen mit dem Apparat meint am Ende vielleicht genau dies: Sich mit dem Apparat zu Vergnügen.“
Ich möchte in diesem Zusammenhang auch H. Hillgärtner erwähnen, welcher anmerkt, dass Computerspiele, besonders die Strategiespiele, den Spielern ein soziales Probehandeln ermöglichen. Sie vermitteln und popularisieren Wissen und besitzen dahingehend eine didaktische Funktion. Darüber hinaus besitzen sie laut Hillgärtner, eine normalisierende Funktion, indem sie Spezialwissen in den Interdiskurs überführen und ihnen somit eine spezifische Evidenz innewohnt.
Wenn es um die Darstellung historischer Begebenheiten geht oder die Simulation der Geschichte der menschlichen Kultur an sich ist von der Verwendung von a priori Annahmen fest auszugehen. Was als Handlungs- und Entscheidungsoption in die Maschine hinein programmiert wird, ist immer kulturell geprägt. Betrachtet man die Beziehung zwischen Strategiespiel und Computer so lässt sich eine besondere Nähe zwischen beiden feststellen. Strategiespiele haben einen hohen Stellenwert bei der Entwicklung der Computertechnik bzw. bei ersten Versuchen künstliche Intelligenz zu implementieren. Schach und dessen Derivate gehören zu den ersten Versuchen dem Computer das Spiel nahe zu bringen. Schon frühe Großrechner aus den 1950er Jahren waren in der Lage einfache Spiele auszuführen und sorgten so auf Messe für einiges Aufsehen, als diese erstmals menschliche Spieler besiegen konnten. Der deutsche Wirtschaftsminister Ludwig Erhard gehörte 1951 wohl zu den ersten deutschen Computerspielern überhaupt. Auf der Berliner Industriemesse wurde der erste elektronische Rechner in Deutschland einer breiteren Masse vorgestellt.
Es handelte sich um den „Nimrod“ der englischen Firma Ferranti. Auf ihm lief das Spiel „Nim“.

Ferranti Nimrod 1951

Schon Ludwig Erhard spielte „Nim“.
Eine mögliche Begründung für die hohe Affinität des Strategiespiels zur Funktionsweise des Computers ist die strenge Regelbasiertheit, die Spielzüge als Algorithmen modellierbar erscheinen lassen. Die sich mit der Zeit entwickelnden Eigenschaften des Computers sind die eines technischen Geräts welches für Datenprozessierung, Statistik und Datenvisualisierung optimiert ist. Die Simulation aller möglichen Regelsysteme und komplexe stochastische Berechnungen haben ihn zu einem unentbehrlichen Instrument werden lassen welches neben der Unterhaltung auch der Wissenschaft dient um Forschungsergebnisse zu verifizieren und Daten zu strukturieren und zu reorganisieren.
„Computerspiele vermitteln Denkstrukturen, indem sie den Nutzer dazu bringen, die Programmlogik zu internalisieren.“
(Ted Friedmann, 2007)
Beim spielen eines Computerspiels erleben wir gängige Weltausschnitte „durch die Brille“ des Computers. Das dargestellte gehorcht trotz aller Ähnlichkeit nun der Sprache des Computers. Die Arbeits- und Lebensstrukturen der modernen Gesellschaft haben den Computer in ihr Leben integriert. Arbeitsabläufe als auch privates wird zunehmen bestimmt durch die Logik des Computers. Die Struktur der Datenverarbeitenden Systeme und ihren Algorithmen prägt das Leben der Menschen und verändert die Gesellschaft und die Wahrnehmung der Realität. Das Computerspiele als Inhaber dieser Logik immer mehr Verbreitung gefunden haben verwundert nicht in einer Gesellschaft welche den Wechsel ins Informationszeitalter gerade vollzogen hat.
Selbst dem Medium bisher immer sehr kritisch eingestellte Institutionen wie DER SPIEGEL lassen in der Ausgabe 3/2014 auf dem Titel verlauten „Computerspielen macht klug“. Spätestens da merkt man, dass die Anforderungen welche die Gesellschaft an die Individuen stellt sich geändert haben.
[1] Zur Medialität des Strategischen, S. 15
[2]„We must recognize that the Structure of of computer gameplay is such that the player lends her subjectivity to a software algorithm, which is entirely depended on the users’s subjectivity to actualize itself.“ Kücklich, Julian (2009) Games and Culture No. 4 S. 340 – 352
[3]Zur Medialität des Strategischen, S. 16