Zwischenfazit

 

Das Hauptziel der Archäologie als einer Teildisziplin der Geschichte ist nicht das Sammeln vieler Objekte (»Funde«) – Keramikscherben, Steingeräte oder Bodenverfärbungen (»Pfostenlöcher«) – sondern die Erschließung der Überreste früherer Umweltentwicklung und des biologischen und kulturellen Verhaltens des Menschen in ihren komplexen Zusammenhängen (»Befunde«).  (Ziegert, 2010, S.1)

 

Spiele sind Fiktion, von jemand erdacht und arrangiert. Archäologie im Sinne des Bergens materieller menschlicher Hinterlassenschaften ist streng genommen am Computerspiel nicht möglich. Eine Archäologie wird erst möglich, wenn man Spiele als archäologisches Medium nutzt und dementsprechend als Artefakt, an welchem Forschung betrieben werden kann, betrachtet. Jedes Element im Spiel ist Ausdruck des Willens der Entwickler. Anders als bei Film und Buch verlangen Spiele, gespielt zu werden. Erst dann entfaltet sich ihre Wirkung. Um Dinge zu entdecken welche die Spielwelt bereithält, muss man die Interaktionsmöglichkeiten und Mechanismen erforschen, eine Spielwelt muss interpretierbar sein und die Bedeutungen erkennbar sein, die vorher von Menschen implementiert wurden. So kommen wir der Archäologie, welche Spuren vergangener menschlicher Aktivität untersucht, immer näher. Viele Spiele sind in der Vergangenheit abgeschlossen worden und seit diesem Zeitpunkt prinzipiell unverändert.

Der einzige Unterschied der noch bleibt ist der: Spiele wollen gespielt, also gewissermaßen gefunden werden. Ob man das auch von der mittelalterlichen Kloake sagen kann? Leider wohl nicht. Anders sieht es z.B. mit Gräbern aus. Auch wenn dort Götter die Adressaten sind wollen diese zumindest Zeugnis ablegen und beachtet werden. Gräber und Grabmonumente erlauben Rückschlüsse auf Weltbild und Vorstellungskraft ihrer Erbauer. Wenn Rituale eingehalten werden dann sind dies real gewordene Manifestationen der Vorstellungswelt damals lebender Menschen. Das trifft auch auf Computerspiele zu. Auch hier handelt es sich um ein alterndes, vergängliches Erzeugnis basierend auf Vorstellungskraft. Alle älteren Spiele sind zu Grabe getragene Kommentare ihrer Schöpfer. es sind Kommentare aus früheren Lebenswelten und die Spiele sind ein Resultat basierend auf den technischen Möglichkeiten der Zeit ihrer Entstehung. Computerspielumgebungen dienen momentan (noch) nicht der Gewinnung von archäologischem Wissen im fachlichen Sinne, weil es sich um Produkte einer Unterhaltungsindustrie handelt, in deren Produktion zwar historisches Wissen einfließt, aber Wissenschaftler nicht an diesem Prozess beteiligt sind.

Das wird sich aber in Zukunft ändern, nämlich dann, wenn Computerspiele als archäologisches Medium Verwendung finden. Computerspielumgebungen könnten sich als Archiv, als Träger von archäologischem Wissen etablieren. Die bisherigen Spiele können Eindrücke vermitteln wie diese virtuellen Wissensräume und Rekonstruktionen genutzt werden könnten und was technisch, d.h. Visuell und spielmechanisch möglich sein könnte. Aus diesem Grund kommt man nicht umhin, sich die existierenden Formen anhand von Beispielen aus verschiedenen Spielegenres (welche sich als Träger archäologischen Wissens und als Lehr- und Lernumgebung eignen könnten) genauer zu betrachten. Aus diesem Grund habe ich im folgenden Abschnitt die mir am geeignetsten erscheinenden Spiele aus den Bereichen Globalstrategie („Civilization 5“) Open World Rollenspiel („The Elder Scrolls: Skyrim“) und MMORPG („World of Warcraft“) ausgewählt, um zu zeigen was bereits (ohne den Einfluss von Archäologen) möglich ist. Auf dieser Grundlage kann man in Zukunft Konzepte entwickeln, wie man Archäologische Daten innerhalb virtueller Spielumgebungen implementieren kann um somit ein archäologisches Spielen zu ermöglichen. Alle Informationen über die hier erwähnten Spiele basieren auf eigenen Eindrücken und Erfahrungen welche ich beim Spielen sammeln konnte. Ich habe alle Titel umfassend gespielt und jeweils zwischen 50 und 150 Stunden in diesen Spielwelten verbracht, was mich befähigt die folgenden Aussagen zu tätigen. Auch beschäftige ich mich seit den frühen 1990er Jahren mit Computerspielen. Das umfasst Wissen über Spielgeschichte, historische Spiele und die aktuelle Berichterstattung in Printmedien wie Zeitschriften und später durch Information über das Internet. Auch konnte ich neben meinem Studium als Spieletester arbeiten und diese Perspektive kennenlernen.